Lotusschal

Die Lotusweberei ist ein kostbares Kulturerbe der Inle-See-Region in Myanmar – eine Tradition, die mit viel Liebe von Generation zu Generation weitergegeben wird. Eingebettet in die ruhige Landschaft des Sees befindet sich das gesamte Dorf, inklusive der Webereien, auf schwimmenden Häusern.

Im Zentrum dieser jahrhundertealten Kunst steht der seltene, naturbelassene Lotusstoff – eines der edelsten und teuersten Textilien der Welt. Seine Herstellung ist ein äußerst aufwendiger und zeitintensiver Prozess, der außergewöhnliches handwerkliches Können und Geduld erfordert. Für einen einzigen kleinen Schal werden fast 4.000 Lotus-Stängel benötigt.

Der Prozess beginnt mit der Ernte der Lotusblüten, die auf dem Inle-See in Hülle und Fülle wachsen. Die Stängel werden zwei Nächte lang eingeweicht, bevor jede einzelne Dornenstelle sorgfältig per Hand entfernt wird. Anschließend werden die weichen Stängel in kleinere Abschnitte zerteilt, um die feinen, spinnwebenartigen Fasern freizulegen – so zart, dass sie mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind.

Noch im feuchten Zustand werden die Fasern behutsam zu stärkeren Fäden gedreht und anschließend in der Sonne getrocknet. In den hölzernen Gängen einer schwimmenden Weberei sieht man die erdtonfarbenen Fäden im Sonnenlicht schimmern – getrocknet auf natürliche Weise, bevor sie auf traditionellen Handspindeln zu Garnrollen weiterverarbeitet werden.

Doch die Lotusweberei ist mehr als nur ein Handwerk – sie ist eine Lebensgrundlage für die Gemeinden rund um den Inle-See. Diese kunstvolle und arbeitsintensive Technik schafft wichtige Arbeitsplätze für lokale Kunsthandwerker*innen – viele davon Frauen – und ernährt ganze Familien. Jeder Schritt, von der Ernte bis zum fertigen Gewebe, stärkt die lokale Wirtschaft und erhält zugleich kulturelle Traditionen.

Mit der Bewahrung dieser Handwerkskunst ehren die Menschen am Inle-See nicht nur ihre Vorfahren – sie gestalten auch eine nachhaltige Zukunft, in der Schönheit, Tradition und Lebensunterhalt in jedem einzelnen Faden miteinander verwoben sind.